Nein, ChatGPT allein schreibt noch keine guten (wissenschaftlichen) Artikel. Es genügt bei Weitem nicht, einfach schnell einen Prompt einzugeben und dann spuckt die KI das Gewünschte aus.

Aber: KI bringt einige interessante Neuerungen in den Schreibprozess. Gerne stelle ich dir meinen aktuellen Workflow und Werkzeugkasten vor.

Bevor ich in die Details gehe, noch ein wichtiger Hinweis: Rechtlich gesehen, ist ein solcher KI-Workflow möglicherweise heikel. Allerdings werden in allen Schritten nur publizierte Daten verwendet, sodass letztlich die Maschinen nichts anderes leisten als das menschliche Hirn – wohl einfach schneller, strukturierter und ohne Müdigkeit zu verspüren.

Schritt 1: erste Literaturauswahl erstellen

Mein Writing startet in elicit.com. Ich habe eine Idee, was ich schreiben will und verschaffe mir erst einmal einen Überblick über die aktuelle und relevante Literatur. Ich starte eine Suchabfrage und scanne die Ergebnisse anhand der von der KI erzeugten Zusammenfassungen. Mit der Filterfunktion grenze ich die Resultate auf 4-5 relevante Paper oder Bücher ein, die ich für meinen nächsten Schritt verwende. Ich exportiere die Ergebnisliste als .bib-File.

Das Bild zeigt einen Screenshot mti einer Anfrage in Elicit.
In Elicit kann man zu jeder Frage relevante Literatur suchen.

Schritt 2: Literatur auf Relevanz prüfen

Nun wechsle ich zu researchrabbitapp.com. Dieses zweite KI-Tool hilft mir dabei, meine Elicit-Liste zu überprüfen. Ich sehe relativ einfach und schnell, ob die gefundenen Artikel für mein Thema relevant sind. Dazu importiere ich die .bib-Datei und lasse mir anzeigen, wie sich meine ausgesuchten Titel in die Literaturlandschaft einfügen. Wie oft wurden sie zitiert? Sind sie aktuell? Sind die Autoren bekannt und in ein Netzwerk eingebettet?

Das sind wichtige Kriterien, anhand derer ich meine Literaturauswahl überprüfen kann. Research Rabbit schlägt mir zudem ähnliche Titel vor und aus dem Autorennetzwerk kann ich weitere Inspirationen gewinnen.

In diesem zweiten Schritt wächst meine Literaturliste und ich weiss, auf welche Titel ich mich konzentrieren soll. Da ich Research Rabbit direkt mit meiner eigenen Literaturverwaltung in Zotero verbinden kann, lassen sich auch Artikel und Bücher berücksichtigen, die ich bereits einmal gelesen und verarbeitet habe.

Das Bild zeigt einen Screenshot von Researchrabbit.
Mit Research Rabbit lässt sich eine Literaturliste einfach erweitern.

Schritt 3: Literatur lesen und annotieren

Nun, da ich die notwendige Literatur gefunden habe, geht’s ans Lesen. Ich muss meine Expertise zum Thema auffrischen, denn ich will ja am Schluss die von der KI generierten Texte auch überprüfen können.

Ich besorge mir also die PDFs zu allen Artikeln und lese sie, wobei ich auch gleich Anmerkungen anbringe und wichtige Stellen markiere. Das alles erledige ich direkt in Zotero, der Literaturverwaltung meiner Wahl. Schöner Nebeneffekt: In Zotero kann ich auch gleich noch die bibliografischen Daten zu allen Artikeln dokumentieren. Für später.

Zotero bietet über Plug-ins einige erste KI-Funktionen an, etwa das Zusammenfassen von Texten mithilfe von ChatGPT.

Schritt 4: Literatur mit KI auswerten

Was Zotero erst in Ansätzen beherrscht, erledigt ein weiteres KI-Tool wesentlich umfangreicher und einfacher: ChatPDF. Hier kann ich PDFs aus meiner Zotero-Sammlung hochladen und befragen. Das erleichtert es mir, die Struktur eines Papers zu erfassen, wichtige Methoden zu extrahieren und Aussagen zusammenzufassen.

Damit entstehen nun auch meine ersten Gedanken und Formulierungen, die ich später beim Schreiben nutzen werde. Diese Textbausteine bleiben gespeichert und ich kann sie im nächsten Schritt direkt verwenden.

Das Bild zeigt einen Screenshot von ChatPDf
In ChatPDF kann man PDF-Inhalte per Chatbot auswerten.

Schritt 5: Nun geht’s ans Schreiben!

Und damit wären wir beim eigentlichen Schreiben. Auch das erledige ich in einem speziellen KI-Tool. Jenni.ai bietet mir einen einfachen Editor, in den ChatGPT bereits eingebaut ist. Und das Beste: Jenni.ai arbeitet Hand in Hand mit ChatPDF zusammen. Ich kann also die Ergebnisse aus dem letzten Schritt direkt beim Schreiben verwenden.

Ich kann mit generativer AI natürlich auch Strukturen für meinen Text entwerfen, kann meine Texte auf Wunsch länger oder kürzer machen, kann sie neu formulieren lassen, kann mir auch ganze Passagen vorschlagen lassen.

Auch um die korrekten Citations kümmert sich Jenni.ai. Ich importiere die aktuelle Literaturliste aus Zotero und schon kann ich direkt im Editor die gewünschten Zitate einfügen. Browser-Plug-ins wie DeeplGrammarly oder LanguageTool helfen mir, Texte direkt im Online-Editor zu übersetzen oder zu korrigieren.

Den fertigen Text kann ich in diverse Formate exportieren und auf Wunsch in Word noch nachbearbeiten.

Das Bild zeigt einen Screenshot von Jenni.ai
In Jenni.ai lassen sich Artikel strukturieren, schreiben und referenzieren.

PS: Noch eine kurze Bemerkung zu den Kosten: alle genannten Tools stehen in einer kostenlosen Version zur Verfügung. Damit der Workflow in all seinen Details funktioniert, braucht es optimalerweise die Pro-Versionen.


Dieser Artikel erschien zuerst auf LinkedIn.

Dieser Beitrag wurde zuerst am 2024-01-29T10:23:36 publiziert unter https://publishing.blog/wissenschaftlich-schreiben-mit-ki/.