Es ist mal wieder Zeit für einen kleinen Nerd-Beitrag. Wobei… vielleicht ist das Thema gar nicht so nerdig, denn virtuelle Touren und Rundgänge durch Gebäude sind in Corona-Zeiten nicht ganz abwägig: Museen beispielsweise können ihre Ausstellung so auch remote zur Verfügung stellen. Auf Google Maps erhöht ein virtueller Rundgang durchs Innere einer Firma seit je her den Aufmerksamkeitsfaktor. Und im Bildungsbereich lassen sich virtuelle Touren mit Augmented Reality und Hotspots zu kleinen Lehrgängen anreichern.
3 einfache Schritte
Ich wollte das schon lange mal ausprobieren, aber irgendwie fehlte mir halt die Zeit. Ich stellte mir die Sache sehr kompliziert vor. Letztlich gibt es aber heute schon dermassen gute Tools, dass sich der ganze Prozess zur Erstellung einer virtuellen Tour in 3 einfachen Schritten ausführen lässt:
- 360°-Fotos erstellen
- Bilder zusammenfügen
- Virtuelle Tour publizieren
Die Ausrüstung
Ein Wort vorweg: ganz ohne Spezialausrüstung geht es leider nicht. Es braucht eine Kamera, mit der man echte 360°-Panoramen anfertigen kann.
Die normale Panorama-Funktion eines Smartphones genügt da leider nicht. Das Problem ist die Geometrie: wenn ich mit dem iPhone ein Panorama aufnehme, dann drehe ich mich um meine eigene Achse und das führt zu grossen Verzerrungen im Bild. Zudem kann ich meist nur einen 180°-Schwenk machen.
- die optimalste Lösung ist wohl eine kleine 360-Kamera wie die Insta360 One R, die Ricoh Theta oder die GoPro Max.
- oder du besorgst dir einen Schwenkkopf für dein Smartphone, wie zum Beispiel den PivoPod. Wichtig ist, dass der Schwenkkopf motorisiert ist und die Drehung aus eigenem Antrieb ausführen kann (dazu gleich mehr)
Dann brauchst du noch ein geeignetes Stativ. «Geeignet» heisst in diesem Fall am besten einen Monopod mit nur einem Bein und möglichst geringer Grundfläche. Da du ja ein 360°-Foto aufnimmst, wäre ein breitbeiniges Stativ in jedem deiner Bilder drin und du müsstest es zuerst manuell rausretouchieren.
Meine Ausrüstung:
ich nutze eine etwas ältere Insta360 One X, dazu einen Insta-Selfie-Stick und ein kleines Stativ.
Dazu hab ich mir noch einen billigen Selfie-Stick gekauft, um die Kamera auf die optimale Höhe zu bringen.
360°-Bilder erstellen
Nun gehts also los: ich stelle meinen «Monopod» auf und schraube die schlanke Kamera drauf. Optimal befindet sich die Linse auf ca. 170 cm Höhe – das entspricht so in etwa der Augenhöhe. Im Raum sollte es hell sein. Optimalerweise schaltet man auch sämtliche Lampen und Leuchten ein, das erfüllt den Raum mit Leben.
A propos Leben: Personen sind bei solchen Aufnahmen eher hinderlich. Wenn Personen im Raum sind, dann müssen sie über alle Aufnahmen hinweg in absoluter Schockstarre verharren.
Auch ich als Fotograf darf nicht im Bild sein, muss mich also hinter einem Korpus oder einer Wand verstecken. Und damit ist klar: die Kamera muss über ein Funksignal remote auslösbar sein. Sitzt die Kamera auf einem Drehteller, muss sich dieser per Funkt drehen lassen.
Im Raum erstelle ich so mehrere Aufnahmen. Den Monopod verschiebe ich zwischen den Aufnahmen um rund 2 Meter – je nach Grösse des Raums. So gehts durch alle Räume hindurch. Möglichst zügig, damit sich die Lichtverhältnisse nicht allzu stark ändern.
Bilder zusammenfügen
Sind die Bilder erst mal im Kasten, kommt der schwierigere Teil: ich muss aus den Einzelbildern ein möglichst kohärentes geometrisches Gebilde erstellen.
Von Hand wäre das eine ziemliche Herausforderung. Zum Glück gibts da aber diverse Werkzeuge, die einem diese Arbeit abnehmen. Ich kann diese 3 Tools empfehlen:
- Cupix: macht mehr oder weniger alles automatisch
- Metareal: einfach zu bedienen, sehr mächtig
- Theasys: keine 3D-Darstellung, aber für einfache Touren genial
Hat man sich für ein Tool entschieden, lädt man die Fotos hoch und weist sie einzelnen Räumen zu. Dann verbindet man die Einzelfotos über Anschlusspunkte zu einer Tour. Bei Cupix und Metareal wird im Hintergrund gar ein 3D-Modell der Räumlichkeiten angefertigt, während Theasys einfache Klick-Rundgänge erstellt.
Die Werkzeuge übernehmen das komplexe Entzerren der Fotos und richten sie perspektivisch korrekt aus. Hat man die Tour fertiggestellt, kann man in allen Tools einzelne Hotspots hinzufügen, über die sich Links, Text- oder Bildinformationen einblenden lassen. Klickt man in der virtuellen Tour auf einen Gegenstand, können so zusätzliche Informationen abgerufen werden.
Hinweis: Im einem zweiten Beitrag zeige ich detaillierter, wie die Arbeit in Metareal vor sich geht.
Virtuelle Tour publizieren
Aus allen drei Tools kann man die fertige Tour easy publizieren. Man erhält einen Link oder einen Einbettungscode, mit dem man die virtuelle Tour aufrufen und in den Raum eintauchen kann.
Eine einfache und marketing-wirksame Einbindung von virtuellen Touren bietet Google Maps. So kann kann eine Firma an der aufgerufenen Adresse einen Blick in die Innenräume gewähren.
Hier das Beispiel einer Tour, die ich für die Creative Kids gemacht habe. Hereinspaziert ins eduLAB Basel!