Wir sind hier beim Publishingblog, kümmern uns also naturgemäss eher um all die Schritte, die es braucht, um Content lesbar zu machen. Heute springen wir aber mal auf die andere Seite und kümmern uns ums Lesen. Ums Lesen am Bildschirm, um genau zu sein.
Wissensarbeit heisst: Lesen und Verarbeiten
Als Wissensarbeiter lese ich viel, seit mehreren Jahren ausschliesslich digital. Ich weiss, dass viele Menschen die Haptik von Papier brauchen. Ist völlig ok für mich, ich ticke aber anders. Wenn ich lese, dann möchte ich das Gelesene direkt verarbeiten. Ich möchte die wichtigsten Aussagen aus dem Text rausclippen, möchte die Struktur des Textes vereinfachen, möchte mit anderen Texten verlinken, möchte zusammenfassen, möchte vereinfachen. Kurzum: ich möchte mit dem Content arbeiten und zwar sofort.
Das geht für mich beim gedruckten Buch nicht. Klar, ich kann Notizen machen. Direkt ins Buch oder auf Post-Its oder auf einem Notizblock. Nützt mir aber nix, denn dann muss ich das alles später nochmals abschreiben. Da verliere ich zu viel Zeit.
Deshalb lese ich also ausschliesslich digital. Vornehmlich auf dem iPad. Ich nutze die Kindle-Books von Amazon und die E-Books von Apple. Dazu natürlich immer wieder PDFs und oft auch Artikel direkt im Browser oder über meinen RSS-Feed.
In all diesen Medien kann ich Farbmarkierungen und Notizen machen. E-Books und PDFs haben gute Notizwerkzeuge, manche sogar in Zusammenspiel mit dem Pencil – ich kann also handgeschriebene Notizen direkt in Text umwandeln lassen. Bei Webseiten ist das Annotieren etwas schwieriger. Man kann aber zum Beispiel Pocket Premium nutzen und darin die Webseiten zur späteren Bearbeitung speichern. Ich nutze auch gerne das universelle Annotationswerkeug Hypothesis, um mir im Web Notizen zu machen.
Notizen sind gemacht – und nun?
Meine Notizen hab ich nun also gemacht. Und nun? Ziel ist es ja wie eingangs erwähnt, mit diesen Notizen weiterzuarbeiten. Ich zum Beispiel führe ein umfangreiches Second Brain in Notion. Das ist mein ganz persönliches Notizbuch/Wiki/Linkboard. Wie kriege ich nun also meine Notizen da rein?
The old way: ich exportiere nach gelesener Arbeit die Notizen aus den Quellen und importiere sie in Notion. Geht, ist aber ein wenig umständlich. Immer noch schneller als Handnotizen abtippen. Und in den letzten Jahren halt meines Wissens nicht anders möglich.
The new way: Readwise. Seit einiger Zeit gibt es ein Tool, welches mir genau diese Arbeit abnimmt. Das Tool ist genial. Ich muss es mit meinen Quellen verbinden und schon saugt es mir automatisch all meine Notizen und Markierungen raus. Und noch besser: es bugsiert sie automatisch weiter zu Notion. Auf Wunsch auch zu Evernote oder Roam, für mich ist aber der Sync mit Notion ein Segen. Damit landen all meine Notizen automatisch in meinem Second Brain und da kann ich sie weiter verwenden, anreichern und verlinken.
Readwise synchronisiert alles
Das Coole an dieser Lösung ist, dass es völlig egal ist, wo ich notiere. Readwise kann mit allem umgehen.
- Readwise überwacht meine Kindle-App und meine Bücher-App auf iOS / OSX. Alles, was ich da annotiere, landet in Readwise und dann in Notion.
- In Readwise kann ich PDFs einlesen und es saugt mir alle Kommentare raus. Und mit dem PDF-Workflow öffnet sich natürlich Pandorras Box: Mails, Bilder, Screenshots, Webseiten, …, ich konvertier es einfach zu einem PDF und mach mir dann die Notizen. Zack, schon landet alles im Second Brain.
- Webseiten kommentiere ich weiterhin mit Pocket oder Hypothesis. Beide Tools lassen sich mit Readwise verknüpfen. Alle meine Kommentare landen in Readwise und somit in Notion. In Firefox und Chrome kann ich auch die Readwise-Extension nutzen, was die Sache nochmals vereinfacht. Das geht sogar mobil, denn da hab ich eine Sharing-Extension zu Readwise.
- Lese ich ab und zu dann doch mal ein physisches Buch, nutze ich die Readwise-App, mit der ich Textstellen und Bilder aus Büchern fotografiere und direkt auf dem Smartphone kommentiere. Die App beherrscht selbstredend OCR, erkennt also den Text in den Fotos. Funktioniert auf Android und iOS.
Damit aber noch nicht genug
Readwise kann noch mehr. Es erlaubt mir, die Markierungen und Notizen in den Quellen zu taggen. Ich kann damit einer Notiz Schlagworte und Kategorien mitgeben, kann damit aber auch die Struktur der Texte in die Notizen retten. Möchte ich in einem Kindle-Book kennzeichnen, zu welchem Kapitel die Notizen gehören, dann markier ich einfach die Überschrift (damit wird sie selbst zur Notiz) und tagge diese mit .h1
– beim Weiterverarbeiten wird diese Notiz dann zu einer Überschrift in meinen Notizen. Nerdig, aber saupraktisch, wenn man den Dreh mal raus hat.
Readwise speichert wenn möglich auch den Backlink zu jeder Notiz. Ich kann also am Schluss in Notion bei einer Notiz einfach auf den beigefügten Link klicken und lande automatisch wieder in der Kindle-App bei der Quelle meiner Anmerkung.
Und dann ist da noch die Lernkarten-Funktion: Haeme macht seine Lernkarten mit Repetico, ich mach sie mit Readwise. Bzw. ich lass sie mir machen. Readwise schickt mir auf Wunsch regelmässig Mails mit einer Anzahl von Notizen. Die kann ich dann tinderstyle durcharbeiten. Weiss ich noch, weiss ich nicht mehr, möchte ich später nochmals anschauen. Perfekt beim Pendeln: So kann ich mein Second Brain einfach und regelmässig aktivieren und in Schwung halten.
Kurzum: ich bin beeindruckt
Readwise ist meine App-Entdeckung des letzten Jahres! Mein digitaler Lese-Workflow ist hiermit perfekt und macht mich produktiver denn je. Readwise ist eine Abo-App, ich zahle rund 100 Franken pro Jahr. Nicht zu viel für eine tolle App, die aktiv weiterentwickelt wird und mir in meinem Alltag sehr, sehr, sehr viel Zeit einspart.