Vor Jahren startete Apple eine Grossoffensive, um sich ein Stück des digitalen Buchmarkts zu sichern: eine App, mit der jeder hochprofessionelle E-Books erstellen konnte. Besondere Zielgruppe: der Lehrmittelmarkt. Ich hab das Werbevideo noch vor Augen mit Kindern, die in ihren Rucksäcken tonnenschwere Printbücher zur Schule tragen mussten – das alles sollte mit den digitalen Lehrmitteln aus iBooks Author besser werden.

Licht

Ich war damals geflasht von den Möglichkeiten, die Apple da bot: in den digitalen Büchern konnte nicht einfach nur Text so einfach und gut formatiert werden wie in jedem professionellen Textverarbeitungsprogi. Nein, da gab es auch die Möglichkeit, Interaktionen einzubauen: Single- und Multiple-Choice-Fragen, HTML-Bausteine, Video, Audio, 3D-Objekte, Bildergalerien… Da wurde gegenüber dem gedruckten Buch tatsächlich viel Mehrwert geboten.

Schatten

Meine Ernüchterung kam schnell. Nicht weil die Funktionen nicht gut gewesen wären. Die funktionierten toll, da gab es bei Apple nix zu rütteln. Mein Frust waren die mangelnden Import- und Exportmöglichkeiten. Ich musste mein Buch mehr oder weniger im iBooks Author beginnen und neu schreiben. Das entsprach nicht der Realität – die Bücher lagen ja oft schon in gedruckter, bzw. gelayouteter Form vor. Ein Import aus Indesign, Word oder Pages war damals aber nicht möglich.

Und dann der Export: da gab es ein proprietäres Forma und das funktionierte nur in der Apple-Welt. Strategisch machte das für Apple wohl Sinn, im Alltag leider nicht.

Besser, aber nie gut

Zwar wurden diese fehlenden Import- und Export-Funktionen im Laufe der Jahre noch nachgereicht, aber sonst bekam der iBooks Author in den letzten Jahren nicht mehr viel Liebe von Apple. Das E-Book-Thema wurde zwar ausgebaut (Bücher-Store und -App), das Authoring leider nicht. Vielmehr zeichnete sich ab, dass die hauseigene Textverarbeitung Pages nun das Erstellen von digitalen Büchern übernehmen sollte.

Verlässt Apple den Bildungsmarkt?

Gestern nun also die Ankündigung, dass der iBooks Author aus dem Verkehr gezogen wird. Man verspricht eine Import-Möglichkeit in Pages, das lässt immerhin hoffen, dass die innovativen Funktionen des Authors neu in Pages weiterleben.

Trotzdem ist es schade, denn Autorensysteme für digitale Bücher sind rares Gut. Es gibt sie, meist sind es dann aber eben Workflow-Apps, die ein Printlayout zu EPUB konvertieren. Adobe InDesign beherrscht diesen Weg, diverse Online-Konverter stehen dazu ebenfalls zur Verfügung. Leider fällt dann aber eben immer der Mehrwert von digitalen Büchern flach. Da wären ganz neue Erlebniswelten möglich, die aus einem Drucklayout schlichtweg nicht entstehen können. Zum Glück ist aber EPUB letztlich nichts anderes als HTML und CSS. Und damit kann der gewiefte Coder auch ohne dezidiertes Autorenprogramm was Pfiffiges zaubern.

P.S: das Einstellen des iBooks Authors ist der eine Schritt, das Aufgaben von iTunes U ist der andere. Offenbar zieht sich Apple aus dem Bildungsmarkt zurück und überlässt das Feld den anderen. Oder plant etwas völlig neues. Wir werden sehen.

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